Panoptikum und Kybernetik
Panoptikum ist die lateinische Form des griechischen “panopticon” und
beschreibt eine Bauweise für Gefängnisse und Fabriken.
Derartige Gebäude sind so gebaut, dass eine ausgewählte Person
(beispielsweise eine Gefängniswärterin) alle inhaftierten oder
arbeitenden Personen ohne technische Hilfsmittel zu jeder Zeit
überwachen kann. Die Architektur erlaubt es von einem Turm in der Mitte
in alle Gebäudetrakte sehen zu können. Natürlich kann eine Person, nicht
in alle Richtungen gleichzeitig schauen. Hierbei hilft ein
psychologischer Trick:
Die Beobachteten befinden sich in einem hell erleuchteten Areal, während
sich die beobachtende Person im Dunkeln oder Halbdunkeln aufhält. Somit
ist die beobachtende Person für die anderen nicht sichtbar. Sie wissen
also nicht ob sie gerade beobachtet werden oder nicht. Da sie dies nicht
herausfinden können, verhalten sie sich (in der Theorie) zu jeder Zeit
so, als würden sie beobachtet werden. Die Gefängnisinsassen verhalten
sich regelkonform, die ArbeiterInnen sind produktiv.
Das Panoptikum kann also als ein Teil einer Kybernetik betrachtet werden, da es
das Verhalten von Menschen in die gewünschte Richtung steuert.
Nun dürften die wenigstens von uns jemals einen solchen Bau von innen
sehen, wieso wird es also hier thematisiert? Das Panoptikum steht hier
symbolhaft für etwas viel Weitreichenderes. Nämlich für das, was
passiert, wenn wir eine lückenlose Überwachung zulassen. Menschen ändern
ihr Verhalten, wenn sie sich beobachtet fühlen. Sie versuchen sich in
der Masse der Mehrheit zu verstecken und nicht aufzufallen. Eine Studie belegt, dass
schon vierjährige Kinder offensichtlich falsche Angaben machen, um in
der Gruppe nicht mit einer abweichenden Meinung aufzufallen.
Sie äußerten öffentlich die falsche, aber gruppenkonforme Aussage,
blieben aber im Privaten bei ihrer ursprünglichen Meinung. Sie haben
sich also selbst zensiert.